Eröffnungsrede zur Gruppenausstellung
"Orange"
gehalten von
Christine Hach



Orange ist keine Farbe zum Verstecken. Orange knallt einem entgegen. Es ist eine Signalfarbe,die nicht immer gutes verheißt. Aber manchmal schon.Baustellen blinken immer schön orange. Orange ist die Farbe der Straßenwacht, es war die Farbe der Müllabfuhr, Blinklichter und Fahrradkatzenaugen sind orange, man sieht sie so schön, auch im Dunkeln und bei Nebel. Notrufsäulen sind orange.Orange scheint von sich aus zu leuchten. Orange ist die Farbe, die uns bei der SUMPFausstellung letztes Jahr ein bisschen gefehlt hat.
Ein bisschen .

Es ist schwierig, ein gutes Thema für eine breitangelegte Gruppenausstellung zu finden. Und das jeweilige Folgethema ist auch immer ein relativ gut gehütetes Geheimnis.

Orange hat mich tatsächlich schon immer auch als Ausstellungsthema interessiert, wegen der Sonnenauf- und untergangsgefahr aber bislang abgeschreckt. Mit ohne konnte man dieser Gefahr aus dem Weg gehen , ein einziger Sonnenuntergang hat sich durchgemogelt, aber das Foto ist so gut und der Fotograf ist aus Eich und aus dem befreundeten Nachbarmuseum und man sieht die Sonne auch nicht so ganz . ansonsten war ich sehr streng.

Man kann Farben Jahrzehnten zuordnen, eindeutig ist orange die Farbe der 70er Jahre, die Farbe der Hippies, und orange hatte in dieser Zeit unseren Alltag voll im Griff. Auch Haushalte , die keine Hippiehaushalte waren, konnten sich nicht gegen orange wehren, man fand orange entweder kollektiv schön, oder man hatte keine Wahl. Im Archäologieraum, den wir wegen des großen Ansturms zur ORANGEausstellung dazugenommen haben, kann man eindrücklich sehen, was von uns aus den 70ern übrig geblieben ist. Ein herzliches Dankeschön an die Damen der AWO Hamm, die jede Menge orangefarbene Haushaltsgegenstände aus dieser Zeit checkbuchgepflegt aufbewahrt haben, natürlich funktionieren auch alle noch und sie machen sich gut in den Vitrinen, die sonst nur Alltagsscherben der Römer zeigen. Wir hinterlassen ganz schön viel Plastik.

Und die Klamotten. Unvorstellbar, dass wir heute so was noch mal anziehen würden. Schön waren sie trotzdem. Sehr frech, sehr grell. Wehrlosen Omas wurde mit Wonne Prilblumen mit ganz viel orange auf frisch geputzte Küchenschränke und Kacheln geklebt, Möbel wurden ungefragt orange gestrichen, das war halt modern, mein 70erJahre Kinderzimmer hatte 2 quietschgelbe Wände, die 2 anderen waren dunkelorange. Ich habe es auch nie umgestrichen. Auf den gelben Wänden pinnten ganz viele Sonnenauf- und Untergangsposter von „Das Tier“ und Medi und Zini, das gab es umsonst in der Apotheke. Ich bin also vorgeschädigt.

Sinalco, Bluna, Caprisonne, Getränke konnten gar nicht orange genug sein, Orangensaft enthielten sie nur in homöopatischen Mengen.
Orange, die Mischfarbe aus Gelb und Rot ist eine energiegeladene, sonnige , warme Farbe.
Ein kaltes Orange ist nicht möglich. Höchstens in Capri-Eis.
Orange hat seinen Namen von den Orangen, die im Winter Erntesaison haben und orange ist überhaupt die beste Farbe gegen Winterdepression.

Eine intensive mindestens halbstündige Auseinandersetzung mit unserer Ausstellung sollte Sie eigentlich mindestens bis Donnerstag über den Winterblues hinwegretten, und dann können sie ja schon am Folgesonntag wieder kommen und die Dosis erhöhen, sich noch ein bisschen mehr orange reinziehen , ganz bewusst haben wir ORANGE bis zum Frühlingsanfang laufen lassen, dann muss es Ihnen von selbst wieder besser gehen, ohne ORANGE.

Das fröhliche orange wurde übrigens spätestens Anfang der 80er Jahre von Matschbraun und Neutralbeige abgelöst, diesen Tarnfarben wurde dann mit kurzen Attacken von Türkis und Lila gekontert und dann gab es viel cooles Weiß mit wenig blau und doch auch lieber grau , edel eben. Wo wir farblich heute stehen, lässt sich besser in 10 Jahren beurteilen, so ganz eindeutig finde ich es noch nicht.

Aber jetzt zur Ausstellung: 112 Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten Orange nicht widerstehen und haben sich hier mit 232 Exponaten beteiligt. Und wir haben alles: Orangen natürlich, tibetische Mönche, Pilze, Neonreklame, Baufahrzeuge, Kaffeemühlen, Plastikgeschirr, Shishas …Zeichnungen , Gemälde , Skulpturen, Textilien, Objekte, Gebrauchgegenstände, Naturfunde.

Vielleicht fragt sich der ein oder andere, wo bei einigen Werken eigentlich das orange ist, manchmal ist es etwas dezent, oder eher dunkelgelb oder rostrot , aber das sind so was wie Cousins von Orange, Hauptsache kein Sonnenauf und –untergang.

Die Ausstellung ist in Salonmanier wie im 19. Jahrhundert dicht an dicht gehängt, im Gegensatz zum Salon geht es hier aber nicht um Wettbewerb , sondern um Raumbezüge und einen Austausch , eine Bezugnahme, eine Spiegelung der einzelnen Werke miteinander und untereinander.

Ich habe mich bemüht, die einzelnen Werke zu einem Gesamtkunstwerk zu kombinieren, so dass zum Beispiel ein inhaltlicher Aspekt , eine Farbe oder Form in der Nachbararbeit weitergeführt oder wieder aufgenommen wird. Auch quer durch den Raum.

Fast immer kann man mit einem Lächeln oder breitem Grinsen im Gesicht die Wände und Vitrinen abscannen. Sie haben hier die wahrscheinlich einmalige Gelegenheit zusammen mit Picasso und einem Puppenpisspott auszustellen.

Seit einiger Zeit haben wir für die Jahresausstellungen Leihgeber gewinnen können, andere Museen und Privatleihgeber. So hat man die Gelegenheit Werke der klassischen Moderne und Gegenwartskunst ohne Schwellenangst studieren zu können, alle diese Arbeiten sind richtig gut –

aber es ist trotzdem interessant zu beobachten, ob man die gleiche Ehrfurcht vor der gleichen Arbeit mit einem weniger bekannten Namen hätte oder nicht, ob sie einem überhaupt aufgefallen wäre. Es ist immer empfehlenswert, zuerst die Arbeit an sich auf sich wirken zu lassen und dann erst das kleine Schildchen nebendran zu konsultieren. Es gibt diesmal tatsächlich einige Promis zu entdecken, was für mich bei den hier ausgestellten Promi-Arbeiten faszinierend ist, ist, dass sie auch nach langer Zeit nicht an Strahlkraft verlieren, es gibt nämlich tatsächlich Arbeiten, die im Laufe der Zeit einfach nur müde werden und so zeitgebunden sind, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt jede Relevanz verloren haben.

Zurück zur Winterdepression.

ORANGE ist unsere bislang heiterste und fröhlichste Ausstellung, ich hoffe , dass sich die beteiligten Künstler und die Besucher an ORANGE einfach freuen .
Viele der Werke sind käuflich, einige sind richtig günstig, wenn Sie sich also in eine Arbeit verliebt haben , zögern Sie nicht zu lange, kaufen Sie es und freuen Sie sich nach Ende dieser Ausstellung zu Hause weiter dran.

Die Ausstellung ist zwar richtig voll, trotzdem suche ich noch 2 ORANGEobjekte, und zwar ein kleines oranges Quitscheentchen und einen sehr kleinen orangenen möglichst Glasgegenstand, falls jemand was passendes hat, bitte melden. Kommt hinter Glas.

Wir haben wieder ein schönes Begleitprogramm, diesmal 2 Filme, wer Sehnsucht nach den orangenen Hippie-VW-Bussen hat, sollte Sommer in Orange am 6.3. nicht verpassen, für härter Gesottene haben wir eine Woche später am Freitag, dem 13. 3. Clockwork Orange. Wir zeigen die Filme im Museumscafé, es besteht vorher + nachher die Möglichkeit die Ausstellung auch mal freitags zu sehen. Außerdem reichen wir Toast mit Orangemarmelade und Leberwurst. Getrennt natürlich. Kinokarten gibt es ab heute und zwar bei Lars.

Am Kinderprogramm arbeiten wir noch.

Und es gibt noch eine schöne Finissage, damit uns der Abschied von ORANGE nicht ganz so schwer fällt, gibt es am letzten Ausstellungssonntag Lieder und Chansons ohne Sonnenauf -und Untergang mit Annette Rahner-Seeliger, sie wird von Jörg Mehren am Akkordeon begleitet.

Außerdem mache ich verschiedene Führungen durch die Ausstellung, zum Beispiel nächsten Sonntag 15 Uhr. Steht alles auf der Einladungskarte. Davon haben wir noch ganz viele, nehmt davon großzügig mit und verteilt sie, mailt, twittert, liked uns in facebook, und macht Werbung für Orange, denn Orange sollte nicht traurig vor sich hin dümpeln.

Schreibt in unser Gästebuch.

Das Museumscafé Kay ist bestens gerüstet, es gibt superleckeren Kuchen und diverse Heiß+ Kaltgetränke, wir haben für heute den Eiszeitraum zum Café umdisponiert, Orangentorte neben Mammut kriegen Sie nur bei uns.

Und ganz zum Schluss verrate ich das Thema von 2016, da Rheinhessen Geburtstagsparty hat, 200 oder so will sich auch das Museum der VG Eich im Storchenschulhaus diesen Feierlichkeiten und der Rheinhessenwerbemaschine nicht völlig entziehen und so heißt unser Thema 2016:

„Heimat ohne Kitsch“.

Mit dem ohne haben wir jetzt beste Erfahrungen und Euch wird zu dem etwas spröden Thema schon was einfallen.

Ganz zum Schluss kommt der Dank:

Organisation und Aufbau von Orange waren ein Riesenkraftakt bei dem mich ein Superteam unterstützt hat. Im Vorfeld hat Hartmut Noffke zusammen mit Rainer Pons und Tom Thiel den Archäologieraum mit Hängeschienen versehen. Uli Seidel hat sich um die Lizenzen für die Filmvorführungen gekümmert.

Für den ORANGEaufbau waren wir hier von letzten Sonntag bis spät gestern abend zu Gange, dabei waren
Katharina Schmiedel, Carola Seehausen, Stefi Muth, Tom Thiel, Rainer Rühl und Willi Herwig, der auch wie immer alle Computerarbeit geleistet hat und die meisten der ausgewählten Fotos hat entwickeln lassen, außerdem Gunter Mahlerwein und Lars Frey .

Allen ein herzliches Danke.

Danke auch an die , die Ihrer Bereitschaft mitzuhelfen kundgetan haben, wir werden im Lauf der Ausstellung noch Aufsichten und Cafédienste brauchen, es ist immer besser, wenn so was auf viele Schultern verteilt wird. Die Listen hängen im Café, Ihr könnt mir Eure Wunschdaten auch mailen oder anrufen.
Wir haben fast alles menschenmögliche getan, um ORANGE schön zu gestalten, wir haben uns sogar den Segen Gottes vom Abenheimer Museum (Klein-Rom) ausgeliehen, wir haben orangefarbene Plastikblumen geopfert. Ich wünsche dieser Ausstellung viele glückliche Besucher.

Die nächste Winterdepression kommt bestimmt .
Bekämpft sie mit ORANGE und bringt Freunde, Familie und Bekannte mit.
Die Ausstellung ist eröffnet.